Stadtplatz № 7: Stadttheater

Aufführung des Lustspiels »Jugendfreunde« von Ludwig Fulda, Sommer 1923

Das älteste Stadttheater Österreichs wird auch heute noch von verschiedenen Ensembles für Aufführungen genutzt.

Stadttheater mit der bis 2021 bestehenden Holztreppe, um 1930

Die Geschichte …

1776 schaffte Joseph II. eine Regelung ab, wonach Spielleute für jeden öffentlichen Auftritt eine Genehmigung gebraucht hatten. Bald darauf nutzten reiche oberösterreichische Städte wie Grein, Steyr und Freistadt die neugewonnene Freiheit und begannen, eigene Stadttheater zu gründen.

In Grein bot sich das Alte Rathaus an, das Ende des 15. Jh. errichtet worden war. Der Ratsherr Franz Xaver Dörr setzte sich dafür ein, den ehemaligen Getreidespeicher im hinteren Teil des Rathauses zu einem kleinen Theater umzubauen. In nur vier Monaten Bauzeit entstand 1790/91 ein »wahrhaft niedliches Theater« mit 124 Sitz- und 80 Stehplätzen.

Der Theatersaal hat sich bis heute weitgehend erhalten. Ein Teil des Zuschauerraumes ist mit sogenannten »Sperrsitzen« ausgestattet. Diese hölzernen  Klappsitze waren mit einem eigenen Schlüsseln versperrbar – gegen eine jährliche Gebühr konnten sich Greiner Bürger somit ihr Theaterabonnement sichern.

Das Theater wurde 2021 aufwändig saniert und mit einem Anbau versehen. Noch heute wird das Greiner Stadttheater regelmäßig bespielt.

Filmaufnahmen zu einem amerikanischen Spielfilm im Jahre 1927

Das Leben …

Sogenannte »Dilettantengesellschaften« führten ab 1791 in dem kleinen Theater Lustspiele und Komödien auf. In den frühen Jahren wurde täglich gespielt – an Sonntagen fanden drei Aufführungen statt. Ein Teil der Einnahmen wurde zu dieser Zeit an Arme abgegeben.

Die heutige Greiner Dilettantengesellschaft wurde 1992 von »Karl Otto« Gottfried Danreiter neu gegründet. Sie startete mit der Nestroy-Posse »Der gutmütige Teufel« und bringt seither jedes Jahr ein bis zwei Produktionen in das Haus.

Der Wiener Schauspieler Michael Gert gründete 1964 die Greiner Sommerspiele und stand bis 2018 bei sämtlichen Aufführungen auch selbst auf der Bühne.

Das Europagymnasium Baumgartenberg nutzt die Räume für seine jährliche englischsprachige Theaterproduktion.

Bühnenbild mit Bavaria-Motiv und Napoleonloge rechts oben, um 1930


Die Geheimnisse …

Die »Napoleon-Loge« befindet sich rechts oben im Zuschauerraum. Sie bezog ihren Namen von den Franzosenkriegen zwischen 1805 und1810. Nicht Napoleon selbst saß indes in besagtem Rang, sondern ein hoher Offizier, General Édouard Mortier. Um mit diesem Besuch aber besser renommieren zu können, trägt die Loge seither den Namen »Napoleon-Loge«.

Einen Teil des Rathauses bildete der Arrest. Durch ein eigenes Fenster konnten die Arrestanten das Geschehen auf der Bühne verfolgen. Bald schon bürgerte sich ein, die Häftlinge durch mitgebrachte Ess- und Tabakwaren gütig zu stimmen, da diese sonst lautstark die Vorstellung störten.

Hinter einem Vorhang befand sich ein Plumpsklosett, aus dem die Notdurft verrichtenden Zuseher durch einen Vorhangspalt hindurch lugten, um ja nichts zu versäumen …


Literaturliste

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